1000 Serpentinen Angst

Folien (in aktuellster Version)

Arbeitsblätter:

  1. Intersektionalität
  2. Wer spricht?
  3. Literarische Erörterung als Kommentar zu Textstellen: Teil I
  4. Erweiterung des Auftrags: Teil II
  5. Literarische Erörterung: Prüfung

Ergebnisse aus den Lektionen

19. August 2020

26. August 2020

Autobiographischer Pakt (Lejeune):
Wenn Autor*innen durch Namen/Genrebezeichnungen nahelegen, dass eine Ich-Figur mit der Autor*in übereinstimmt, spricht man von einem autobiografischen Pakt.

(Literatur in der Ich-Perspektive wird aber oft auch dann als autobiografisch gelesen, wenn diese Angebote nicht gemacht werden. Das ist oft nicht zulässig.)

Sollte man sich die Frage stellen, was man unterschlägt oder verschweigt?

Wer spricht?

Wichtige Beobachtung: Im ersten Teil sind die FRAGEN in der 2. Person gestellt, die Antworten in der 1. Person – im dritten Teil ist das umgekehrt (vgl. z.B. S. 221)

27. August

Kritik an den Holocaust-POV-TikToks (vgl. Blogpost dazu).

POV zwingt Zuschauende in einer Rolle, in eine Situation, an der sie vielleicht nicht teilnehmen möchten, vgl. diese Kritik am Trolley-Problem:
https://www.currentaffairs.org/2017/11/the-trolley-problem-will-tell-you-nothing-useful-about-morality

POV in »1000 Serpentinen Angst« (vgl. erste Seite):

  1. die fragende Instanz will alle Perspektiven einnehmen
  2. vor dem Automaten, im Automaten, neben einem Automaten, heute, früher, …
  3. Die Fragen gehen nicht nur an ein Ich/Du, sondern auch an die Lesenden, ähnlich wie in diesen POV-Videos.

Die Schildkröte S. 101/105

Sie steht für das Ich. Die Schnur steht für negative Emotionen, Ängste, Erinnerungen, welche das Ich lähmen. Weil es sich selber vieles »unterschlägt«, kann es die Schnur nicht durchbeißen und sich befreien, wartet darauf, dass jemand sie schneidet. Aber das tut niemand, das Ich braucht nicht aktive, sondern »passive Hilfe«.

Was passiert, wenn das Ich ins Wasser fallen würde? Es ertrinkt, weil es gar nicht schwimmen kann ohne Schnur – oder es schwimmt (bedeutet: es wächst und entwickelt sich als Person, kann als Erwachsene Beziehungen führen).

(vgl. mit dem Delphin S. 208f. – der Delphin-Ballon fliegt weg, obwohl das die Protagonistin nicht will, er ist auch mit einer Schnur befestigt, aber nicht in seinem Element; vgl. auch die Flügel-Szene S. 214).

2. September 2020

Wir haben den Begriff »textimmanent« diskutiert – damit ist ein Verfahren gemeint, bei dem ein Text aus sich sleber verstanden wird.

Der Trailer betont mit dem Eier-Motiv die Geburt und durch die Farbgebung die unterschiedlichen Stimmungen im Text. Die Figuren werden recht klar identifizierbar gespielt, der assoziative Aufbau des Textes findet sich auch im Trailer.

23. September

Die Motto-Zitate – Auftrag:

  1. Erklären Sie der Klasse mit einer sinnvollen Notiz oder Folie, was das Zitat im Kontext bedeutet.
  2. Schaffen Sie klare Bezüge zum Roman (mit Zitaten).
  3. Sie finden unten zu jedem der Zitate Material.

Ergebnisse Motto-Zitate:

  1. Zusammenfassung von E.W. als Mindmap
  2. Missy Elliott und bell hooks machen unterschiedliche Rollenangebote – der Roman beschreibt eine Bewegung von Missy Elliott (ausgelassen tanzen, Umkehrung der rassistischen und sexistischen Diskriminierung), die aber abgelehnt wird (explizit durch Szene mit dem Jungen auf S. 225, wo das Spucken aus dem Elliott-Video aufgegriffen wird).
  3. bell hooks betont in ihrem Text die Abwesenheit von Liebe, die den Roman stark prägt – über die Auseinandersetzung mit ihren Erfahrungen erkennt sie theoretische Zusammenhänge. Auch dieses Angebot nimmt die Protagonistin nicht direkt an; kann sich daran aber stärker orientieren.
  4. Berger beschäftigt sich stark mit Arbeitsmigration, was den Roman nur am Rande betrifft. Seine Aussagen zu Reisen und Fotografie ergeben aber Bezüge zwischen:
    a) Reisen als Motiv im Roman
    b) Fotografie
    c) Erinnerung
    d) Traum
    Alle verbinden An- und Abwesendes, durch ihre Anwesenheit wird etwas anderes als abwesend markiert.

Abschluss, 30. September

Wir haben vier Passagen gelesen:

  1. »perfekte Blase«, S. 349 (unpaginiert)
  2. »Kind nach dem Krieg«, S. 347
  3. »gutes Leben«, S. 341
  4. »gesunde Angst mal 1000«, S. 337

Daraus haben sich fünf Deutungshypothesen für den Roman ergeben:

Der Text ist unzuverlässig erzählt. Generell ist erklärungsbedürftig, weshalb fiktionale Narrationen unzuverlässig sein können. Wir diskutieren drei Möglichkeiten:

  1. Erzählinstanz weicht von einer etablierten Geschichte ab.
  2. Metakommunikativ wird die Unzuverlässigkeit ausgedrückt oder eingeräumt (so ist es bei 1000SA).
  3. Aus unterschiedlichen Perspektiven ergeben sich Widersprüche, Zweifel (vgl. Rashomon).

Die unzuverlässige Erzählweise passt zu 1000SA, weil so psychologische Vorgänge plausibel dargestellt werden können, der Plot an Bedeutung verliert – es ist eigentlich egal, wie es wirklich ist – und weil der verbreitete Zweifel an Fakten so im Roman aufscheint.

Schlussfrage: Gibt es überhaupt zuverlässige Erzählinstanzen?